Welse - speziell L Welse - sind zur Zeit sehr beliebt. Viele sind vorerst mit einer L Nummer versehen, weil
sie noch nicht näher bestimmt wurden (es sind wg. der immensen Nachfrage aus Aquarianerkreisen weltweit sehr
viele neue und auch unbekannte Welse im Handel aufgetaucht).
Diese starke Nachfrage und das Kaufverhalten vieler Aquarianer führt inzwischen (meiner Meinung nach)
zu bedenkenswerten Zuständen in den Welsaquarien:
Die Kaufentscheidung wird wohl immer noch in vielen Fällen durch das Auge gefällt - ein Wels erregt das
Interesse, er wird mitgenommen und in das eigene Aquarium gesetzt, wo man sich an ihm erfreuen möchte.
Früher oder später wollen die meisten dann wohl wissen, was sie da für einen Wels haben. Im Zoogeschäft stand
beispielweise Leopardenwels an der Aquarienscheibe und wie ein Leopardenfell
gefleckt sieht der Wels ja auch aus. Bei den nun nachfolgenden Fragen im Internet usw. wird man dann
feststellen, dass niemand einen Leopardenwels kennt, höchsten nach dem lateinischen Namen kommen noch
ein paar Nachfragen, die man aber nicht beantworten kann, weil der Zoohändler von damals entweder diesen Namen
auch nicht weiß oder einen falschen hinter seine deutsche Bezeichnung geschrieben hatte - manchmal hat man aber
Glück und kriegt einen lateinischen Namen oder eine L Nummer genannt: Ancistrus sp. oder L soundso. Was nun?
Ancistrus sp. gibt es massenweise, weil man diese Welse gerade noch der Gattung Ancistrus zuordnen kann, den Rest,
der für eine genaue Artbestimmung nötig wäre, wie z.B. genauer Herkunftsort etc. aber nicht weiß. Die L Nummer
ist da zunächst mal eine bessere Bestimmungsmöglichkeit (Obwohl ich inzwischen mehrere Fälle kenne, in denen
ein Händler eine bestimmte L Nummer einem Wels zugeordnet hat, weil gerade nach dieser L Nummer eine große
Nachfrage bestand und der damit gekennzeichnete Wels große Ähnlichkeit zur ursprünglich gemeinten Art besaß!).
Als verantwortungsbewusster Aquarianer kommt man ja vielleicht früher oder später auch auf die Idee, dass dieses
Einzeldasein des Welses nicht seinem Naturell entspricht und man denkt daran, ihm mehrere seiner Art oder
wenigstens ein Weibchen zu besorgen - jetzt gehen die Schwierigkeiten meistens erst richtig los:
Entweder man kriegt keine gleichgroßen Exemplare dieser Art, weil der eigene Wels inzwischen schön gewachsen
ist und der Handel immer nur die kleineren Exemplare führt, oder man konnte die Art des Welses leider nicht
bestimmen und kauft deshalb einen oder mehrere, die so ähnlich aussehen....
Manchmal (leider viel zu oft!) werden nahe Verwandte zusammengebracht, die sogar Nachwuchs zeugen, was den unbedarften
Aquarianer zu der Annahme verleiten könnte, dass "es den Welsen ja jetzt offensichtlich gut geht" und er diese
Zusammensetzungsentscheidung richtig im Sinne der Tiere getroffen hat - in Wirklichkeit aber hat er eine
Hybridisierung vorangetrieben, die im Ursprungshabitat dieser Tiere fast nie vorgekommen wäre oder zumindest
Nachkommen hervorgebracht hätte, die den dortigen Ursprungsarten früher oder später unterlegen gewesen wären und
sich somit auf lange Sicht kaum fortgepflanzt hätte. Im Aquarium aber werden diese Hybriden weitergezogen und
natürlich auch (stolz) unter dem Ursprungsnamen weitergegeben, bis in den Aquarien zunehmend irgendwelche
Chimären herumschwimmen und ursprüngliche Arten langsam verschwinden.
Die Roten Hexenwelse habe ich beispielsweise seit langem nicht mehr gesehen - nur noch Hybriden zwischen
den Roten (Leliella sp. "rot") und den Braunen Hexenwelsen (Hemiloricaria lanceolata), die als Jungtiere noch
relativ rot aussehen, später aber diese dunklere Streifenzeichnung der Braunen Hexenwelse kriegen und auch
insgesamt nachdunkeln in Richtung braun. Gefördert wird diese - wie ich meine - negative Entwicklung auch dadurch,
dass im vorliegenden Fall der Roten und Braunen Hexenwelse die Braunen (Lanceolata)-Weibchen viel williger ans
Laichen mit Leliella sp. "rot"-Männchen gehen, als das die Leliella sp. "rot"-Weibchen tun. Gedankenlose oder
unwissende Aquarianer tragen wesentlich zu solchen Zuchtfolgen bei (auch mir ist das leider unterlaufen, bevor
ich Bescheid wusste!).
Ich kaufe inzwischen nur noch Welse, bei denen die Artangabe mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit stimmt - also von Züchtern oder von anerkannten Fachleuten -
und ich kaufe immer gleich mehrere, meistens fünf oder sechs, um die Wahrscheinlichkeit,
dass ich auch beide Geschlechter dabei habe deutlich zu erhöhen
(bei vielen Welsarten ist das Geschlecht nicht äußerlich festzumachen, speziell bei jüngeren Exemplaren nicht).
Ein einzelner Wels kann noch so schön aussehen - wenn er nicht zuzuordnen ist, lasse ich ihn beim Händler!
A propos Händler: Was sich da als Namensangabe inzwischen an den Welsaquarien tummelt spottet manchmal jeder
Beschreibung! Auf Nachfrage kriegt man dann oft zu hören, dass dieser Name ja schon so in der Stockliste des
Großhändlers stünde.........
Die Rechtschreibungsanwendung trägt dann oft noch ihren ganz speziellen Teil dazu bei, dass in den Aquarien
angeblich Welse sitzen, die es nachweislich nirgendwo gibt, z.B. Rhineloricaria similima (Gattungsname falsch,
Gattungsname auch falsch geschrieben, Artname falsch geschrieben etc. - Richtig wäre: Loricaria simillima.)
Es gibt inzwischen Wels-Foren im Internet deren größter Teil an Beiträgen sich mit der Frage beschäftigt:
Was habe ich denn für einen Wels?
Die Wels-HP wird wenigstens nicht durch solche Fragen überfrachtet. Es gibt eine Bestimmungs-Seite, auf
der gelegentlich Anfragen veröffentlicht werden, aber der Schwerpunkt hier ist ein anderer! :)
Einzelhaltung von "Gruppenwelsen" ist der nächste häufig gemachte Fehler:
Es gibt Welsarten die kümmern, wenn sie einzeln oder in zu kleinen Größenordnungen gehalten werden,
als Beispiel gelten da viele Panzerwelsarten (Corydoras etc.) und die
kleinen Ohrgitterharnischwelse (Otocinclus etc.). Eine Entschuldigung für die unsachgemäße Haltung ist dabei oft,
dass man diese Welse "geerbt" hätte und da seien es eben nur zwei gewesen oder, was ich genauso schlimm finde,
"der Vorbesitzer hätte die sonst entsorgt, also musste ich mich derer ja barmherzig annehmen!" Mit solchen Argumenten
werden dann oft Wabenschilderwelse in viel zu kleinen Aquarien gehalten und tierunwürdige Zustände werden
fortgeschrieben - Hauptsache der Halter hat ein reines Gewissen.
Funktionsfische halten sollte inzwischen auch verpönt sein:
In Inseraten und an Aquarien vieler Händler steht
als Verkaufsanreiz für bestimmte Welse das Wort "Algenfresser" und eben diese werden dann wg. unsachgemäßer
Aquarien"pflege" gegen die sich dort ausbreitenden Algenmassen eingesetzt - Funktionsfische eben, die man nicht
um ihrer Selbst Willen gekauft hat, wie es eigentlich selbstverständlich wäre, sondern als Mittel zum Zweck.
Ich mache einen deutlichen Unterschied zwischen dem Mittel zum Zweck mich bei der Betrachtung meiner Welse an
ihnen zu erfreuen und ihnen ihren Lebensraum Aquarium so naturnah wie möglich einzurichten und einem Wels, der mir nur
meine Algenplage beseitigen soll und danach eigentlich überflüssig geworden ist.
Seltene oder gar im Ursprungsbiotop
ausgestorbene Welse oder Welse, von denen man nur Gerüchte hört und liest und
deren Kaufpreis deswegen inzwischen in unverschämte Höhen gewandert ist, tauchen auch gelegentlich in Foren, Börsen
und Zeitungsannoncen auf. Diese Tiere sollte man möglichst in Zuchtversuchsgruppen zusammenführen - da haben wir
einfach die moralische Verpflichtung, die Art zumindest in der Gefangenschaft zu erhalten und auf jeden Fall zu
versuchen, sie nachzuzüchten! Preistreiber sollten aber ignoriert werden.
(Ich habe inzwischen eine Zuchtgruppe Panaque cochliodon aufgebaut, bin aber nicht bereit, mehr als 150,-- für große
Exemplare zu zahlen).
Der sehr begehrte Zebrawels Hypancistrus zebra L 46 für den Ausfuhrverbot herrschen soll, wird inzwischen
in zahlreichen Aquarien nachgezogen - auch bei mir klappt das hervorragend. Ich werde aber auf jeden Fall eine
sichere Zuchtgruppe aufbauen, bevor ich an die Weitergabe des Nachwuchses denke.
Mein Vorschlag also und meine Bitte an zukünftige Welshalter/innen:
1. Nur Welse kaufen, deren Artname oder L Nummer gesichert scheint.
2. Immer mehrere Exemplare erwerben.
3. Keine Funktionsfische kaufen.
4. Zuchtgruppenzusammensetzung (bei gefährdeten Welsarten) ermöglichen.
Klaus Dreymann
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