Zuchtbericht von Roland Kipper:
"Die Zucht dieser wunderschönen Peckoltia Art ist bislang leider noch
nicht oft gelungen, aber dennoch sind diese Tiere durchaus zu vermehren, wie man
in meinem Fall sehen kann. Die nachfolgend beschriebene Zucht könnte man aber
getrost als Glückstreffer oder Zufallszucht bezeichnen, da ich eigentlich gar
nicht beabsichtigte, diese Tiere zu vermehren oder gezielte Vorkehrungen dafür
getroffen habe. Die L134 leben bei mir in einem 240l Becken zusammen mit einigen
anderen Welsen (Hypancistrus sp. L129 und L28, Peckoltia sp. L121, Rineloricaria
eigenmanni, sowie ein paar Otocinclus und Corydoras) und ein paar Zwergbuntbarschen
der Gattung Apistogramma, für die das Becken eigentlich ausgelegt ist.Die
Besatzdichte ist somit nicht sonderlich hoch, die Bepflanzung recht dicht und die
Versteckmöglichkeiten sind vielfältig und reichlich.
Die L134 benötigen im Gegensatz zu den meisten anderen Harnischwelsen
wohl unbedingt weiches, saures Wasser zur Zucht. Nach Aussage von Ingo Seidel scheint
das ein wesentlicher Faktor zu sein, da ihm nur solche Fälle bekannt sind,
jedoch keiner in "normalem" Leitungswasser. Der Leitwert lag bei mir bei
etwa 180-200 µS/cm und der pH-Wert zunächst bei etwa 6.1, bei späteren
Würfen sogar noch deutlich tiefer, etwa bei 5. Die Temperatur beträgt
normalerweise 27°C, an warmen Sonnentagen lag sie aber auch manchmal etwas höher
bis ca. 30°C. Vielleicht war auch diese Temperaturerhöhung ausschlaggebend,
da der Rio Tapajós an den Fundorten von L134 ebenfalls eine derart hohe Temperatur
bei einem pH-Wert von etwa 6 aufweist. Jedoch sollte dann eine gute Sauerstoffversorgung
durch stärkere Oberflächenbewegung gewährleistet sein.
Ein interessanter Aspekt ist, dass Strömung bei dieser Art
dennoch nicht von so großer Bedeutung zu sein scheint, da in meinem Becken
kaum Strömung vorhanden ist (eigentlich ist es ja ein Apistogramma-Becken).
Es herrscht lediglich eine leichte Umwälzung durch einen Eheim-Thermo-Außenfilter,
der mit grober Watte, Siporax und feiner Watte bestückt ist. Erstaunlich ist
das in meinen Augen deshalb, weil die L134 in den Cachoeiras (Stromschnellen durch
querliegende Felsbarrieren) des Rio Tapajós gefangen werden, wo die Fließgeschwindigkeit
und der Sauerstoffgehalt eben recht hoch sind. Wichtig erscheint mir auch eine geeignete
Höhle, die von den Elterntieren angenommen wird. Diesbezüglich scheinen
die Tiere recht wählerisch zu sein, denn schon vorher vorhandene, anders geartete
(rauh) und anders plazierte Höhlen wurden bei mir nicht beachtet. Die Zucht
gelang bei mir erst in einer glatten, einseitig offenen Tonröhre, deren Durchmesser
so ist, dass das Männchen gerade bequem hineinpasst. Das Gelege wird vom Männchen
in der Höhle intensiv bewacht und "befächelt". Auch bei der
Fütterung verlässt das Männchen das Gelege nicht. Ich habe das Männchen
während der ganzen Monate, in denen nacheinander gebrütet wurde, eigentlich
nie außerhalb der Höhle gesehen. Auch nicht, wenn gerade gar kein Gelege
vorhanden war. Außerhalb der Brutzeit halten sich die Tiere bei mir nicht
in Höhlen auf, sondern liegen unter dichten Pflanzen und Wurzeln. Die Gelegegröße
war bei mir sehr unterschiedlich und umfasste bei den vier Gelegen jeweils 17, 28,
12 und 36 gelbliche Eier mit einem relativ kleinen Durchmesser von etwa 2 - 2,5
mm. Etwa 6-7 Tage nach dem Laichen schlüpfen die Larven und ungefähr 10-12
Tage nach dem Schlupf schwimmen die Jungen frei.Zu diesem Zeitpunkt
sind die Jungen knapp 1 cm groß. Danach werden sie nicht weiter von den Elterntieren
betreut. Allerdings ist die Chance, Jungfische durchzubekommen, eher gering einzuschätzen,
wenn man die Jungtiere frei in das Becken entlässt, da sie nicht gezielt genug
gefüttert werden können. Eine separate Aufzucht ist daher vorzuziehen.
Nach dem vierten Wurf haben die Eltern leider aufgehört zu brüten, davor
gab es ca. alle 4 Wochen ein neues Gelege. Was Spekulationen über einen jahreszeitlichen
Einfluss angeht: Die Tiere schwammen seit Januar in dem Becken. Sie haben Mitte
April letzten Jahres das erste Mal gebrütet und Mitte Juli das letzte Mal.
Ich bin gespannt, was dieses Jahr passiert.
Die Aufzucht der Jungen scheint ebenfalls ein wenig heikler zu
sein, als bei den meisten anderen Welsen. Ich hatte bei den ersten drei Würfen
massive Verluste zu beklagen, nur beim vierten und bislang letzten Wurf war die
Sterberate deutlich geringer, da ich einige Änderungen vorgenommen habe, die
ich hier nicht vorenthalten will. Ich hatte die Jungen zu Beginn kurz vor dem Freischwimmen
aus der Bruthöhle geholt und in einen Laichkasten (mit einer kl. Holzwurzel
und etwas Cabomba caroliniana - schnellwachsendes Haarnixenkraut) gesetzt, der im
Becken vor dem Filterauslass angebracht war. So wollte ich stabile Wasserverhältnisse
und eine gezielte Fütterung, zunächst mit handelsüblichen (vakuumverpackten)
Tabs, später auch mit Frostfutter, gewährleisten und eine Wasserumgewöhnung
vermeiden.
Nach etwa 3 Wochen ging das Sterben los und ich verlor an einem
Tag 7 Jungfische innerhalb weniger Stunden. Die Kleinen erwiesen sich unglaublich
anfällig gegen Stress. Sobald ich einen toten Jungfisch aus dem Kasten entfernte
oder Wasserwechsel machte, schossen die Tiere panisch im Kasten umher und verstarben
an Herzversagen (Schock). Manche erholten sich auf wundersame Weise wieder, die
meisten leider nicht. So konnte ich bei einem toten Jungfisch meistens gleich einige
weitere innerhalb der nächsten Minuten beklagen. Über den gesamten Zeitraum
der Brut verlor ich auf diese Weise fast 75% der ersten drei Würfe.
Einen der ersten Jungfische bekam Ingo Seidel kurz nach dem Schlupf
von mir zum Fotografieren. Er war in einem Aufzuchtbecken zusammen mit Jungfischen
anderer Harnischwels-Arten, aber dennoch starb auch dieser nach wenigen Wochen,
obwohl Ingo nach seinen eigenen Aussagen in diesem Becken sonst keine Ausfälle
zu beklagen hatte.
Nun stellte ich ein separates 25l Aufzuchtbecken auf, in das
ich die Jungen umsetzte. Dort wechselte ich täglich etwa 50% des Wassers und
das Sterben hörte bis auf wenige Ausnahmen auf. Vom letzten Wurf, der mit 36
Jungen der größte Wurf war, ist noch der größte Teil am Leben.
Die Jungfische des vorletzten Wurfs setzte ich etwa drei Wochen nach dem Freischwimmen
um, also etwa zu dem Zeitpunkt, als das Sterben anfing. Das war aber offenbar schon
zu spät. Die Jungen des letzten Wurfs überführte ich sofort nach
dem Herausschütteln aus der Bruthöhle in das Extra-Becken, wo ich sie
aber - ebenso wie den vorherigen Wurf - trotzdem noch in einem separaten Laichkasten
hielt um eine bessere Futterversorgung zu gewährleisten. Dieses Vorgehen erwies
sich als erfolgreicher und ich kann es nur jedem empfehlen. Ausreichende Fütterung
bei besten Wasserverhältnissen durch extrem häufige Wasserwechsel scheinen
in meinen Augen unumgänglich, um diese Tiere mit bestem Erfolg zu vermehren.
Mittlerweile sind die Jungfische in ein größeres 112l
Aufzuchtbecken umgezogen und kommen auch ohne einen täglichen Wasserwechsel
aus. Sie gehen aktiv auf Nahrungssuche und müssen nicht mehr so intensiv gefüttert
werden. Mittlerweile sind die Jungtiere zwischen 3,5 und 5 cm groß. Manche
wachsen nur schlecht, ich vermute, dass sie während der Hauptwachstumsphase
zu wenig Futter abbekommen haben, weil sie sich evtl. schlechter gegen die stärkeren
Geschwister durchsetzen konnten.
Irgendwie scheint bei den L134 alles ein bisschen anders zu sein,
aber es ist auf jeden Fall eine spannende Sache und ich wünsche jedem Glück
bei dem Versuch, diese wunderschönen Welse zu vermehren."
(Roland Kipper, Bremen, eMail: Rolo@b-a-r-s-c-h.de)
Ich sollte noch ein paar neue Erkenntnisse zu dem Zuchtbericht beisteuern. Die in
dem Artikel erwähnten hohen Verluste sind nach jetzigem Wissen darauf zurückzuführen,
daß der Wasseraustausch im Laichkasten nicht ausreichend war. Ich hatte ihn
ja vor den Filterauslass gehängt und die Strömung auf die Seitenschlitze
gerichtet. Das reicht aber nicht aus. Man sollte ein Teil des Filterauslasses abzweigen
und direkt in den Kasten leiten, dann gibt's auch weniger Probleme und Ausfälle.
Eine Aufzucht im Becken selbst empfiehlt sich ebenfalls nicht. Ich habe es versucht
(habe sie inzwischen nocheinmal zum Brüten bringen können), aber die Kleinen
kriegen im Becken zuwenig Nahrung (trotz reichlich Fütterung). Sie waren unterernährt
und für ihr Alter zu klein und die Ausbeute war gering. Daraufhin habe ich
sie wieder separiert, diesmal mit genug Wasseraustausch im Laichkasten. ..und es
ist besser.
4. März 2002
Da muß ich doch mal meiner Freude Ausdruck verleihen und euch mitteilen, daß
meine L134 wieder süßen, kleinen Nachwuchs produziert haben. :-))) Wie
immer kam es einigermaßen unerwartet und ich habe es nicht wirklich mitbekommen.
Ich habe zwar gehofft, daß sich da was tut, weil das Männchen mal wieder
chronisch fächelnd in der Höhle saß, aber das tut er eigentlich
fast immer, daher habe ich es mir verkniffen, die Höhle herauszunehmen und
hineinzugucken (leider hat er sich eine von denen genommen, die man nicht einsehen
kann). Naja, und am Samstag schaue ich so beiläufig in Becken und denke mir,
"hey, was ist denn das da... und da...und da...." Sitzen da doch frisch
freigschwommene Welsbabys rum :-) Mittlerweile konnte ich schon 23 Stück herausfangen
und in einen Laichkasten setzen und ein paar wenige sind sicher noch im Becken unterwegs.
(Gottseidank hängen die gerne an den Scheiben und sind dementsprechend leicht
zu finden und zu fangen). Eigentlich hatte ich mir den Gedanken an L134 Nachwuchs
schon wieder abgewöhnt, zumal die schon längere Zeit nichts mehr gemacht
haben und ich grad im Januar umgezogen bin und da doch etwas Wirbel für die
Fische veranstaltet habe: Rausfangen, Transport, Beckenumgestaltung, etc. Umso größer
die Freude jetzt! ...und eine wesentliche Erkenntnis reicher bin ich jetzt auch:
Ich kann nun wohl mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, daß das Brutverhalten
dieser Welse sehr stark von einer "inneren biologischen Uhr" bestimmt
wird. Es ist jetzt das dritte Jahr hintereinander, daß diese Tiere bei mir
brüten. Jedesmal war vorher eine lange Zeit (ca. 1 Jahr) gar nichts, viele
Parameter haben sich verändert (nur weich, sauer und warm war es immer), so
daß man eigentlich nichts an bestimmten Werten oder Ereignissen festmachen
kann, die man als auslösenden Faktor betrachten könnte. Aber ein wirklich
auffalliger Zusammenhang ist, daß die Brutpause immer im März/April zuende
war. Das Fische so eine innere Uhr haben ist ja schon bekannt, nur scheint bei meinen
L134 diese eine ganz wesentliche Rolle zu spielen. Also für alle, die sich
an der L134 Zucht versuchen: Nicht wundern, wenn man sich viel Mühe gibt und
nix wird... ist vielleicht nur die falsche Jahreszeit ;-) ...oder andersrum ausgedrückt:
JETZT ist die richtige Zeit, sich etwas um die Pfleglinge zu bemühen, wenn
es von Erfolg gekrönt sein soll. Viel Erfolg!
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