Nachdem sich die Vermehrung von Lebendgebärenden Zahnkarpfen (Schwertträger,
Mollies, Guppies) ohne großartiges Zutun meinerseits verwirklichen ließ
und sich auch meine Panzerwelse (Corydoras paleatus) als ausgesprochen vermehrungsfreudig
zeigten, wollte ich mich sozusagen züchterisch weiterentwickeln.
Als ausgesprochener Wels-Liebhaber entschied ich mich für die kleinen Saugwelse
der Gattung Otocinclus, obwohl man oftmals lesen kann, daß die Zucht dieser
Welsgattung nicht sehr oft gelingt und deshalb Spezialisten vorbehalten bleiben
sollte. Nun, als Spezialisten würde ich mich nicht einstufen, eher als fortgeschrittenen
Anfänger, und so wollte ich es auf einen Versuch ankommen lassen.
Die Gattung Otocinclus gehört innerhalb der Familie Loricariidae zu den artenreichsten
mit ca. 30 Arten. Das Verbreitungsgebiet der Gattung reicht vom Norden des südamerikanischen
Subkontinents über Süd-Ost-Brasilien bis zur La-Plata-Region Argentiniens.
Dort bewohnen die je nach Art zwischen 3 und 6 cm großwerdenden Zwerge kleinere
Biotope, die ihnen klares Wasser, eine kräftige Strömung und somit reichlich
Sauerstoff bieten, obwohl auch diese Welse zur Darmatmung befähigt sind. In
Aquarien mit sauerstoffarmen Wasser kann man diese Welse oftmals an den Seitenscheiben
direkt unter der Wasseroberfläche beobachten, wobei der Kopf oftmals auch aus
dem Wasser herausschaut.
In den aquaristischen Fachgeschäften werden die Welse oft unter der Bezeichnung
Otocinclus affinis angeboten, was aber nicht immer zutreffend sein muß. Ein
Auseinanderhalten der einzelnen Arten ist für den Durchschnittsaquarianer insbesondere
am lebenden Fisch nahezu unmöglich. Eine Artbestimmung nach rein äußerlichen
Merkmalen führt demzufolge oftmals zu falschen Ergebnissen. Einfacher dagegen
ist es, die Geschlechter zu unterscheiden. Die Männchen bleiben kleiner und
sind in der Draufsicht auch schlanker als die Weibchen. Ganz deutlich sind die Unterschiede
zu erkennen, wenn ein Weibchen Laich angesetzt hat. Der Bauch wölbt sich dann
prall nach unten. Darüber hinaus ist mir aufgefallen, daß bei den Weibchen
mit zunehmendem Laichansatz der artabhängig mehr oder weniger ausgeprägte
schwarze Längsstreifen verblaßt.
Die Haltung der Welse im Aquarium ist nicht weiter problematisch. Die kleinbleibenden
Fische eignen sich nicht zuletzt auch wegen ihrer absoluten Friedfertigkeit schon
für kleinere Becken. Man sollte jedoch darauf achten, daß man immer einen
kleinen Schwarm pflegt, da es sich nicht um Einzelgänger handelt. Unbedingt
erforderlich ist es, darauf zu achten, daß immer ein ausreichender Algenrasen
vorhanden ist, da es sich um ausgesprochene Weidetiere handelt. Kann das nicht gewährleistet
werden, ist auf eine ausreichende Zufütterung zu achten.
Mitte/Ende Dezember 1996 setzte ich sechs Welse dieser Gattung (auf eine bestimmte
Art möchte ich mich hier aus den o.g. Gründen nicht festlegen) zur Zucht
an. Drei hatte ich schon längere Zeit in Pflege, während die drei anderen
dazugekauft wurden.
Das zunächst "normale" Hälterungswasser wurde schrittweise mit
destilliertem Wasser versetzt, um die in Berlin vorhandene Härte von >20°dGH
zu senken. Außerdem wurde über Torf gefiltert um einen geringeren pH-Wert
zu erreichen. Das Ergebnis dieser Bemühungen, die sich bis zum Februar 1997
hinzogen, war ein pH-Wert von 6,5 und eine Härte von <10°dGH bei einer
Temperatur von konstant 25°C.
Auch bei höheren pH- und Härtewerten zeigten die Weibchen bereits Laichansätze,
weitere Aktivitäten blieben aber aus. Das Becken war bis auf ein kleines Stück
Wurzelholz, auf dem als Experiment ein Ableger einer Grünlilie gebunden war,
nicht weiter eingerichtet. Gefiltert wurde über einen an die Seitenscheibe
gehängten Außenfilter, und zwar nur über Schaumstoff. Zeitweise
wurde das Wasser belüftet. Das Becken wurde nur schwach beleuchtet. Ein- bis
zweimal wöchentlich wurden je 5 l Wasser gewechselt. Das entspricht bei einem
Gesamtvolumen von ca. 20 l etwa 25%.
Bei Meyer kann man nachlesen, daß der CO2-Gehalt des Wassers bei der Zucht
eine nicht unerhebliche Rolle spielt und man diesen mit kohlensäurehaltigem
Mineralwasser erhöhen könne. Daran habe ich mich gehalten und den Fischen
gelegentlich "einen Schluck aus der Pulle" gegönnt. Ob sich diese
Maßnahme positiv auf das Verhalten der Fische ausgewirkt hat, kann ich nicht
sagen, da mir entsprechende Vergleiche ohne CO2-Zusätze fehlen.
Gefüttert wurden die Welse zusätzlich zu dem vorhandenen Algenrasen mit
Tubifex, aufgeweichten und gründlich gesäuberten Spinatblättern und
handelsüblichen Futtertabletten.
Ab Februar 1997 suchte ich beinahe täglich die Scheiben nach Eiern ab, wurde
jedoch nie fündig. Um so überraschter war ich, als ich am 22.02.97 morgens
auf dem Beckenboden etwas winziges umherhuschen sah. Die gezielte Suche auf dem
Beckenboden brachte dann noch mehrere der Welsbabies zum Vorschein. Auch an den
Seitenscheiben haben sich nun einige der kleinen Welse festgesetzt. Insgesamt habe
ich im Laufe des Tages zwölf Babies gezählt. Da ich an den Scheiben keine
Eier finden konnte, drängt sich mir die Vermutung auf, daß der Grünlilienableger
als Laichsubstrat angenommen wurde, zumal ich die Tiere oftmals an den länglichen
Blättern gesehen habe. Auch ein spezielles Balz- oder Ablaichverhalten konnte
ich nicht erkennen. Die einzigste Auffälligkeit war die Tatsache, daß
ab und zu einzelne Welse wie verrückt durch das Becken schossen, so daß
ich schon an Vergiftungserscheinungen dachte, was nach Ermittlung der Wasserparameter
jedoch weitgehend ausgeschlossen werden konnte. Nachdem Schlupf der Welsbabies durchlüftete
ich das Becken durchgehend, um eine optimale Sauerstoffanreicherung zu ermöglichen.
Der Filtereinlauf wurde mit feinem Gaze umwickelt, damit keiner der kleinen Fischchen
versehentlich eingesaugt werden konnte.
Die Jungwelse waren bei ihrer Entdeckung etwa 4 mm groß, und ich vermute,
daß diese Größe auch der Schlupfgröße entspricht. Durch
eine Lupe betrachtet, erscheint der hintere Teil der Winzlinge senkrecht gestreift,
im Gegensatz zu der oben angesprochenen Längsbinde der adulten Tiere, die sich
vom Kopf bis in die Schwanzflossenwurzel durchzieht. Bei den Jungwelsen zeigte sich
dieser Streifen ab der dritten Woche. Angefüttert wurden die Welsbabies mit
Infusorien und Staubfutter (sera micron). Da die Otocinclus-Arten wie weiter oben
bereits angesprochen ausgesprochene Algenliebhaber sind, habe ich mir einen Trick
einfallen lassen, der sich bislang bewährt hat. Ich habe mir in einer Glaserei
Gläser zuschneiden lassen, die der Höhe des Aquariums entsprechen. Diese
stelle ich in einem Wasserbehälter auf die Fensterbank und lasse dem Algenwuchs
freien Lauf. So habe ich stets einen Algenvorrat zur Hand. Im Wechsel stelle ich
dann immer eines der Gläser in das Becken, während das andere Glas auf
dem Fensterbrett steht.
Die erwachsenen Welse habe ich nach Entdeckung der Jungfische übrigens im Becken
belassen, und es hat sich gezeigt, daß sie die kleineren Artgenossen nicht
als zusätzliche Mahlzeit betrachten.
Nach ca. zwei Wochen, die Jungwelse waren mittlerweile ca. 11 mm groß, entdeckte
ich im Becken bereits wieder neue Jungfische, die ebenfalls ca. 4 mm groß
waren. Wiederum zwei Wochen später habe ich erstmals Eier entdeckt. Sie sind
ca. 1 mm groß und waren an den Seitenscheiben verteilt. Mir fiel jedoch auf,
daß sie immer in unmittelbarer Nähe einer Aquarienecke in der unteren
Hälfte des Beckens angebracht wurden. Weitere Eier fand ich an der Unterseite
eines noch im Becken befindlichen Futterrings. Am 16.03.97 konnte ich dann auch
eine der Larven beim Schlupf beobachten. Zuerst wird der kleine Schwanz durch die
Eihülle gepreßt und anschließend versucht der kleine Wels durch
Schwanzschläge die Eihülle zu sprengen. Unmittelbar nach dem Schlüpfen
haben die Babywelse eine Größe von 3 - 4 mm, was meine Anfangs gemachten
Beobachtungen bestätigt. Das kontinuierliche Ablaichen im Zwei-Wochen-Rythmus zeigt,
dass man diese Welse auch im Daueransatz halten kann.
Bei der Aufzucht der possierlichen Jungfische sollte man nach meinen Erfahrungen
darauf achten, daß man nicht zu schnell auf härteres Wasser umsteigt,
da es sonst zu Verlusten kommen kann. Dies liegt sicherlich daran, daß sich
in härterem Wasser schädliche Bakterien oder andere Krankheitserreger
schneller ausbreiten können. Zweimal wöchentlich wird ein Viertel des
Aufzuchtwassers gewechselt. Gefüttert wird mit kleinflockigem Trockenfutter,
Futtertabletten oder Frostfutter. Als Zusatzfutter finden die bereits oben erwähnten
"Algenscheiben" weiterhin Verwendung.
Auch wenn die Zucht dieser possierlichen kleinen Kerlchen oftmals als nicht ganz
einfach beschrieben wird, lohnt sich schon allein die Haltung dieser Algenvertilger
auf jeden Fall.
Thomas Linberg
Literatur:
Evers, Hans G.; Die Zucht von Welsen im Daueransatz, in: DATZ 4/94
Mayland, Hans J.; Tropische Aquarienfische, Landbuch-Verlag, Hannover 1979
Mayland, Hans J.; Welse aus allen Erdteilen, Landbuch-Verlag, Hannover 1991
Meyer, Rolf; Lexikon Süsswasser Aquarienfische, Naturbuch-Verlag, Augsburg
1993
Rössel, Dr. Fritz und Dietrich; Welse für Anfänger, in: DATZ 7/96
Schraml, Erwin; Harnischwelse - Anmerkungen zu einigen Arten aus Venezuela, in:
Das Aquarium, September 1995
Schramm, Ulrich; Welse mit "Trommelfell": Otocinclus & Co., in: Das
Aquarium, Juni 1992
Weiss, Werner; Welse im Aquarium - Pflege und Zucht, Franckh'sche Verlagshandlung,
Stuttgart 1979
Wendenburg, Helmut; Eine Otocinclus-Art aus den venezolanischen Llanos, in: DATZ
3/96
Sageret/Hieronimus; Otocinclus macrospilus - Die Oberflächenreiniger, in: Aquarium
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